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Wann wird Homo sapiens sapiens endlich erwachen?
Ich frage mich schon seit Langem – wie euch vermutlich längst aufgefallen ist –, wann die Spezies Homo sapiens sapiens endlich aufwacht und die Intelligenz nutzt, die unser Gehirn eigentlich bereithält.
Ich lebe mittlerweile seit mehr als fünf Jahrzehnten auf diesem Planeten. Bis zur Covid-Pandemie habe auch ich vieles schlicht nicht wahrgenommen. Doch seitdem erscheinen mir die Systeme, in denen wir leben, zunehmend absurd und unnatürlich – weil sie eine entscheidende Wahrheit ausblenden: dass wir im Grunde genommen NICHTS sind und trotzdem mit allem verbunden.
Alles ist Leben – auch im naturwissenschaftlichen Sinn
Für mich selbst sind sowohl der Planet Erde als auch das Universum Lebewesen – so wie alles andere auch. Und das meine ich nicht im esoterischen Sinne, sondern ganz naturwissenschaftlich: Die klassische Taxonomie, nach der wir Leben kategorisieren, wird sich sicher noch verändern. Für mich ist schon alles, was sich bewegt – also auch Fermionen und Bosonen –, eine Form von Leben.
Wissenschaftlicher Fortschritt und der Verlust der Verbundenheit
Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, in der Wissenschaft als Maßstab für gesellschaftliche Entwicklung galt. Neugier darauf, mehr über uns selbst und das Universum, in dem wir leben, zu erfahren, war Konsens und hat vieles vorangebracht.
Gleichzeitig haben wir dadurch aber auch den Zugang zu altem, in uns verwurzeltem Wissen verloren. Denn je mehr wir uns auf das Außen konzentriert haben, desto weniger spürten wir die tiefe Verbundenheit mit allem.
Dennoch waren diese Jahrzehnte von Optimismus geprägt: Immer besseres Verstehen und die Freude an neuen Erkenntnissen begleiteten uns.
Fehlende gesellschaftliche Resonanz auf wissenschaftliche Entdeckungen
Heute hingegen erlebe ich selten, dass wissenschaftliche Erkenntnisse echten gesellschaftlichen Anstoß bewirken. Ein Beispiel: 2023 wurde entdeckt, wie Bakterien miteinander kommunizieren – eine bahnbrechende Erkenntnis, gerade angesichts der Bedrohung durch multiresistente Keime.
Doch gesellschaftlich?
Kaum ein Echo. Dabei wäre genau solche Grundlagenforschung ein neuer Weg, das Überleben unserer Spezies zu sichern.
Die Rückkehr zu alten Erklärungsmustern
Warum wenden wir uns stattdessen wieder stärker göttlichen, übernatürlichen oder mystisch-magischen Erklärungsmodellen zu? Meine Theorie: Es ist schlicht einfacher, solchen Mustern zu folgen, als gerade jetzt – in einer Zeit voller Unsicherheit – den unbequemen, aber so faszinierenden wissenschaftlichen Pfaden zu folgen.
Vermutlich hat auch die Pandemie unseren Blick auf die Welt verändert. Und ganz sicher trägt die Funktionsweise unseres Gehirns ihren Teil dazu bei: Unser Organ mit dem höchsten prozentualen Fettanteil ist darauf ausgerichtet, möglichst wenig Energie zu verbrauchen und uns in der Komfortzone zu halten.
Warum wehrt sich Homo sapiens sapiens gegen neue Erkenntnisse?
Unser Gehirn schützt bestehende Überzeugungen durch emotionale und neurokognitive Mechanismen. Diese „eingebaute Trägheit“ erklärt, warum sich wirklich neue Ideen und Erfindungen – von Kopernikus bis hin zu alltäglichen High-Tech-Geräten – oft erst nach langem Widerstand durchsetzen. Wir sind nicht „dumm“, sondern unser Gehirn ist schlicht auf Stabilität programmiert.
Deshalb braucht es gezielte metakognitive Bildung, eine Wissenschaftskommunikation, die Identitäten respektiert, und mehr strukturelle Offenheit, um diesen Schutzmechanismus zu überwinden. Dann können Neugier und Anpassungsfähigkeit dominieren. Geschichte zeigt, dass Fortschritt nie vom Fehlen von Vorurteilen abhing, sondern immer von der Bereitschaft, diese rechtzeitig zu überwinden.
Größe, Besitz und Rekorde – Menschliche Statusstrategien
Unser Wunsch nach „größer, besser, mehr“ sitzt tief und hat evolutionäre wie neuropsychologische Wurzeln. Sie stehen klar im Gegensatz zu bescheideneren, etwa buddhistischen Idealen. Diese Diskrepanz erklärt, warum spirituell orientierte Lebensweisen selten den gesellschaftlichen Mainstream prägen.
Die positive Bewertung von Größe beruht auf zwei Prinzipien von Status: Dominanz (durch Kraft oder Zwang) und Prestige (durch anerkannte Fähigkeiten und Großzügigkeit). Beide waren evolutionär wichtig und sind noch heute effektive Wege zu gesellschaftlichem Aufstieg.
Die Jagd nach Rekorden oder Superlativen kommt aus dem Vorteil, den außergewöhnliche Leistungen früher verschafften – Innovation und Fortschritt entstanden durch Wettbewerb. Heute haben sich diese Muster in materielle Konsumkultur übertragen. Luxuskonsumgüter sind Statussymbole; wir leben in einer Welt, in der das „Bild des Menschen als unersättliche, begehrliche Maschine“ unser Handeln mitprägt (vgl. William Leach). Unsere gesellschaftliche Kultur ist geprägt von der Akkumulation von Geld und Gütern.
Darum muss Homo sapiens die Komfortzone verlassen
Wenn wir aus Bequemlichkeit oder weil es weniger anstrengend ist, gesellschaftlich neue Erkenntnisse ignorieren, gefährden wir auf Dauer unser Überleben und unsere Handlungsfähigkeit. Wahrer Fortschritt – ob individuell, gesellschaftlich oder als Spezies – wird erst möglich, wenn wir unsere neurobiologische Trägheit überwinden, neue wissenschaftliche Erkenntnisse annehmen und uns immer wieder kritisch hinterfragen.
Das Verlassen der Komfortzone ist eben keine freiwillige Heldenreise, sondern eine evolutionäre Notwendigkeit. Nur so bleibt die Menschheit anpassungsfähig, überlebensfähig und zukunftsoffen.
Schlussgedanken: Aufbruch statt Geschichtsschleife
Es geht darum, Neugier, kritisches Denken, Offenheit für Neues und echte Verbundenheit mit der Welt wieder in den Mittelpunkt zu rücken – statt weiter in bequemer, aber letztlich gefährlicher Routine zu verharren. Und vor allem: Nicht in den ewigen Schleifen der Geschichtswiederholung stecken zu bleiben!
Oder, wie seht ihr das?


