Kategorien
Wirtschaft

Das Märchen vom ewigen Wachstum

Die jetzige Corona-Pandemie hat Vieles offen gelegt. Positiv finde ich, dass der Spruch „Geht nicht“ seine Gültigkeit verloren hat. Wenn mir die Pandemie Eines gezeigt hat, dann ,dass fast alles möglich ist, wenn wir nur wollen und das Ziel gemeinsam verfolgen.

Natürlich ist für viele die Pandemie auch in existenzieller Hinsicht eine riesige Herausforderung. Doch zum Glück haben wir ein Sozialsystem, was in den letzten 30 Jahren massiv abgebaut wurde, aber es schützt dennoch vor dem absoluten finanziellen Ruin.

Es hat sich gezeigt, dass das Streben nach Wachstum wohl doch nicht so wichtig ist, wie uns immer weisgemacht wird. Das Schielen nach dem BIP ist eine Illusion, der wir uns alle hingeben.

Wie komme ich auf den Titel dieses Beitrags? ich empfehle euch die Dokumentation System Error von Florian Opitz. Genau dieses Thema wird in der Doku behandelt und es ist erstaunlich, dass wir, obwohl die Faktenlage erdrückend ist, immer noch an das Märchen vom Wachstum glauben.

Wachstum gab es in der BRD bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. Danach stellte man fest: Oh, wir haben alles Wesentliche aufgebaut und was nun?

Tja, da fing man an, den Banken- und Finanzsektor zu deregulieren, um fiktives Wachstum zu generieren. Und was passierte danach. Ein Börsenwettspiel im unglaublichen Ausmaß begann, mit der Folge, dass heute kein Mensch mehr behaupten kann, er oder sie wisse, was da vor sich gehe. Der Börsenhandel wird von Algorithmen durchgeführt und wir haben keinerlei Kontrolle darüber (siehe Flash Crash 2010).

Das Schlimme an diesem fiktiven Wachstum ist, dass es wirklich nur noch ein Wette ist. Geht es gut aus, bekommen die Akteure, die sich an der Wette beteiligen, in der Regel Gewinne.

Geht es schief, wie 2008 mit Lehman Brothers, darf die gesamte Weltbevölkerung dafür zahlen, denn die Verluste in astronomischen Höhen kann niemand wirklich ausgleichen. Schlimmer als zahlen ist, dass weite Teile der Weltbevölkerung hungern musste, da verstärkt in Nahrungsmittel investiert wurde. In Mexiko hungerten Menschen, weil der Preis für Mais in die Höhe schoss. Den Börsenhandel mit Nahrungsmitteln würde ich sofort verbieten. Die Preisfindung könnte nach dem Fair Trade Prinzip geregelt werden – so einfach, wenn man will!

Für mich gibt es eigentlich nur zwei Bereiche, in denen es wirklich ewiges Wachstum gibt.

  1. In der Mathematik gibt es das Konzept von Unendlichkeit, das ich hier jetzt mit dem ewigen Wachstum gleichsetze. Die Mathematik beschreibt abstrakte Objekte, die wir in unserer Realität nachbauen. Nur vergessen wir, dass in unserem alltäglichen Leben allem eine Grenze gesetzt ist.
  2. Das einzig Reale, was mir einfällt, was ewig wächst, ist das Universum – so zumindest nach heutigem Kenntnisstand (2021).

In System Error werden Krebszellen als Beispiel für ewiges Wachstum als Bild herangezogen, was ich falsch finde. Krebszellen haben, wenn sie unser Immunsystem austricksen, ein exponentielles Wachstum. Doch auch ihr Wachstum ist begrenzt, der mit dem Tod des Organismus, in dem sie wachsen, endet.

Nun sinniere ich hier über das falsche Bild vom ewigen Wachstum. Was können wir tun, um uns davon zu lösen?

Für mich steht an aller erster Stelle, dass wir das BIP durch das BIG ersetzen. BIG? What the fuck is BIG? Brutto-Inlands-Glück. Damit hätten wir eine Kennziffer, an der wir uns festhalten könnten, denn Zahlen bestimmen unser heutiges Leben durch und durch, nicht wahr?

Bhutan geht den Weg des Brutto-Inland-Glücks (siehe Wikipedia dazu) und zwar sehr erfolgreich. Als eines der wenigen Länder dieser Welt leben sie klimapositiv. Was mir am BIG gefällt, ist die Philosophie. Man kann nur glücklich werden, wenn das Gegenüber – sei es ein Mensch, die Natur, ein Stein oder was auch immer – ebenfalls glücklich ist.

Die Ausrede, wir können das hier in Deutschland nicht machen, gilt nicht. Remember Corona?

Als Weiteres, was wir sofort umsetzen können, und was auch mehr als nötig ist, ist das bedingungslose Grundeinkommen.

Was ich sympathisch am Grundeinkommen finde, ist die Tatsache, dass Menschen in diesem Lande ein Einkommen hätten, mit dem sie leben könnten und nicht als Sozialschmarotzer stigmatisiert werden, wie das bei Hartz-IV-Empfangenden der Fall ist. Diese ganzen Vorurteile gegenüber anderen Menschen, nach dem machiavellistischem Prinzip Teile und Herrsche, mache ich zu einem eigenen Thema:-)

Was für ein schöneres Land wäre es doch, wenn alle befreit von finanziellen Sorgen, den Berufen und Berufungen ihres Lebens nachgehen könnten? Das gäbe viele Pluspunkte für das BIG.

Ein weiterer Vorteil vom Grundeinkommen wäre der logische Schluss, dass es keine präkeren Arbeitsverhältnisse mehr gäbe. Arbeitsplätze müssten menschenfreundlicher und attraktiver gestaltet werden, um mit dem relativ hohen Grundeinkommen von 1.200€ pro Person mithalten zu können.

Die Demokratie würde auch gestärkt, denn entspannte Bürgerinnen und Bürger bilden eine mündigere Gemeinschaft. Burnout, psychische Erkrankungen und Stress würden gemindert.

Um nun wieder zum Thema Wachstum zurückzukommen;-) Ist ein Wachstum bezogen auf Menschlichkeit, Solidarität, Gemeinschaft, Freundschaft und Glück nicht erstrebenswerter als das schnöde BIP-Wachstum?

Von mir aus könnte das BIG ewig wachsen, dieses Märchen möchte ich gerne erzählen.

Sooo, als Abschluss fällt mir gerade ein: Träumer verändern die Welt, Realisten verwalten sie nur – ach bin ich kreativ:-)

2 Antworten auf „Das Märchen vom ewigen Wachstum“

Hey Alen, was für eine schöne Idee, diese Seite – und sei es nur als Präventivmaßnahme gegen schlaflose Nächte! Schönes erstes Thema auch, bloß nicht zu niedrig greifen!
In vielem, praktisch allem kann ich dir direkt zustimmen. Aber bloß nicht zu kurz greifen – auch das Bruttosozialglück von Bhutan kennt nicht nur Gewinner. Dazu gibt es eine Folge von „Mit offenen Karten“ (Arte), hier der Link:
https://www.youtube.com/watch?v=iIhuU-RYziQ
Ich denke auch, dass die Glaubenswahrheiten des Modernismus in unserer postmodernen Zeit überholt sind. Und Grundeinkommen bzw. Bruttosozialglück scheinen mir tatsächlich einleuchtender als die bedingungslose Hingabe an eine Zahl, die um jeden Preis wachsen muss. Zumal wir inzwischen sehen, welchen Preis wir mitsamt unseren Mitlebewesen zu zahlen haben. Aber lass uns gerne mal zu alledem telefonieren! Gruß, Imperator Augustus Max OptQue etc etc

Hallo Impy,
du hast völlig Recht mit Bhutan, es ist nicht alles rosig dort. Zumindest ist das Ideal, das sie anstreben, besser als das, was wir gerade im großen Teil der Welt machen. Es geht um Ideale, Utopien und Visionen, die uns als Menschheit voranbringen. Ich lade dich herzlich gerne ein, wenn du Lust hast, auch deine Gedanken auf dieser Seite zu teilen. Von deinem Input verspreche ich mir viel;-)
Liebe Grüße
Alen

Schreibe einen Kommentar zu Thomas Hildebrandt Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.